Provence – Tag 8: Grasse – Parfüm-Manufaktur

Über die D 7 kommen wir auf unserer Fahrt nach Grasse auch an Le Rouret vorbei, einem Ort, in dem sich viele Franzosen, die zwar nicht zur Oberschicht gehören, die sich dort aber ein Haus leisten können. Dort ist die höchste Dichte an privaten Schwimmbädern im gesamten Raum. Von der Vegetation herrschen die grünen Eichen vor, vom Höhenwuchs sind sie nicht ganz so groß wie die Eichen bei uns in Deutschland. Im 19. Jahrhundert wurden für die aufkommenden Parks viele Pflanzen von außerhalb, aus den Kolonien, Australien und Kakteen aus Südamerika eingeführt. Zunächst war Grasse, vielen bekannt durch den Roman von Patrick Süskind „Das Parfüm“ eine Gerberstadt, über allem lag der Gestank dieses Gewerbes und man kann davon ausgehen, dass das äußerst unangenehm war. Die Handschuhmacher kamen deshalb auf die glorreiche Idee, das Leder mit Essenzen aus der Umgebung zu parfümieren und somit einen ganz neuen Wirtschaftszweig ins Leben zu rufen. Nur geht das heute aus Kostengründen nicht mehr auf konventionelle, handwerkliche Art, denn für 1 l Parfümessenz braucht man z. B. 1 t Orangenblüten. – dasselbe gilt auch für Rosen-, Jasmin- oder Lavendelöl. Es ist daher natürlich verständlich, dass die Industrie künstlich hergestellte Essenzen viel billiger anbieten kann, auch für die Lebensmittelindustrie. Wir bekommen im Haus der bekanntesten Parfümerien in Grasse, Fragonard, eine einstündige Führung, dort werden vier Parfüms und dreizehn Eau de Toilettes hergestellt, aber auch Seifen und Duftduschen. Dampferzeugung, Extraktion, Kondensation und Trennung von ätherischen Ölen sind das Grundprinzip. Heute, am Samstag, stand die Arbeit am Förderband und an den Kesseln still, aber wir mussten uns auf unsere eigenen Nasen verlassen und das einkaufen, was wir mit nach Hause nehmen wollten. Eau de Parfum muss 20 % Essenz enthalten, Fragonard arbeitet mit 24 %, 15 % enthält Eau de Toilette, man weiß ja selbst, dass der Duft weniger lang anhält und Eau de Cologne 5 %. Täglich werden etwa 1 500 Seifen in Eierform produziert, mit Cocosöl und Farbe vermengt, dazu 3 % Essenz. Bei 60 Grad wird die Masse wie bei einer Wurstmaschine durchgedreht und dann passend geschnitten. Es gibt nur vier Schulen für die Ausbildung zum Parfümier auf der Welt und alle sind in Frankreich angesiedelt: zwei in Grasse und jeweils eine in Paris und Versailles. Zunächst werden zwei Jahre mit der Theorie verbracht, was natürlich Chemie einschließt, dann folgen noch weitere sieben Jahre Praktikumszeit. Am Ende der Ausbildung muss man 3 000 verschiedene Düfte erkennen können; man kann sich kaum vorstellen, wie das eine „Nase“ vollbringen kann und dann wird das Ganze auch noch komponiert in Basis- Herz-, und Kopfnote, das ist ja ganz wie beim Orgelspielen, mit all den Registern, die man ziehen kann. Chapeau! Jedes Jahr steht eine Blume im Mittelpunkt der Produktion, dieses Jahr ist es Lilas – Flieder. Genug der Düfte, wir begeben uns auf einen Rundgang durch Grasse, einer Stadt, die sich wohl langsam wirtschaftlich wieder erholt und ihren eigenen Charme hat, auch wenn einige Gassen nicht im Schaufenster von Grasse stehen. Die Kathedrale steuern wir zweimal an, weil zunächst eine Taufe und später eine Hochzeit anstehen. Von 1244 bis 1790 war Grasse Bischofssitz, die Cathedrale erbaut im 12./13. Jahrhundert und im 17./18. Jahrhundert erweitert, beherbergt drei Frühwerke von Peter Paul Rubens, sowie das einzig bekannte religiöse Bild des Malers J.-H. Fragonard. Der Bischofspalast ist heute das Rathaus. Wir verweilen noch ein bisschen, bevor wir uns auf den Rückweg über Tourettes-sur-Loup, Vence und St. Paul de Vence machen. Am Abend genießen wir ein weiteres 3-Gänge-Menü am Campingplatz.