Oh je, wir wachen auf und hören den Regen auf das Dach des Womos prasseln! Bewaffnet mit Schirm und Regenjacken steigen wir um 9.30 in den Bus ein und werden von unserer Reiseführerin Irene, die sich „Mariellchen“ nennt fröhlich begrüßt. Seit Jahren begleitet diese lustige Frau KUGA-Reisende und erzählt mit kaum begrenzter „Schaberei“ in deutscher Sprache mit ostpreußischem Einschlag von ihrer schönen Heimat Masuren, dem schönsten Land der Welt. Wir machen einen Ausflug in die Johannisburger Heide, einem Urwald von hinreißender Schönheit, die „Grüne Lunge“ Polens. Leider kann man dieses herrliche Fleckchen Erde nicht im Bild festhalten, denn durch die verregneten Fensterscheiben des Busses bringt das nichts. Besser sehen kann man es sowieso, wenn man Masuren besucht! Und die Menschen hier freuen sich über Gäste, die ihr Budget ein wenig aufbessern können. Wegen der Unannehmlichkeit des heutigen Regentages steigen wir nur an wenigen Stellen aus, aber ein bekanntes Försterhaus, das Geburtshaus des bekannten ostpreußischen Schriftstellers Ernst Wichert (1887 – 1950) besichtigen wir. Der Dichter überlebte seinerzeit das Konzentrationslager der Nazis, musste aber danach seine Heimat verlassen. Er beschrieb in seinen Werken innbrünstig diese wunderschöne, ruhige und friedliche Landschaft. Noch heute leben die Menschen hier ohne Stress, mit großer Liebe für ihre Heimat ihr bescheidenes Leben. Ihr Verdienst ist hauptsächlich der Tourismus im Sommer, wo man unter blauem „Himmelchen“, bei dem Gezwitscher der „Vögelchen“ in Ruhe dieses Naturschutzgebiet genießen kann, das aus „Hügelchen mit Wald“ und aus „Tälchen mit Wasser“ besteht. Die ständige Verkleinerungsform der Wörter ist der ostpreußische Einschlag, den uns unsere Reiseführerin beibringt! So ist der Mann der Lorbass und jedes Frauchen Mariellchen. Und so wurde unser Reiseleiter zu Lorbasschen Lotharchen“. Ein bisschen Einsehen hatte Petrus dann doch, denn bei unserem nächstmöglichen Halt konnten wir im Städtchen Krutyn eine Bootsfahrt durch den Urwald wagen. Das Flüsschen Krutynia bot uns dieses vergnügliche Erlebnis, bei dem wir noch ein gutes Stückchen mehr dieser Natur kennen lernten. Das Wirtshaus am Ufer ist 100 Jahre alt und sieht doch noch passabel aus. Am Ufer konnten wir die „Bauarbeiten“ von Bibern sehen Es gibt sehr viele hier, die sogar in den Gärten ab und an Apfelbäume umsägen. Es hatte aufgehört zu regnen, aber vorsichtshalber hüllten wir uns in die Regencapes, die uns die Bootsführer ausleihen! Und danach gab’s ein schmackhaftes Mittagessen!
Wölfe gibt es hier auch zahlreiche im Urwald, die aber leider beginnen, Vieh in den Ställen und sogar Pferde anzufallen – ein Problem! Auch Luchse, 10 Paare an der Zahl, zählte man hier. Das Wetter wird nun wieder sehr stürmisch, trotzdem muten wir uns zu, den Bus zu verlassen und uns eine kleine Ansiedlung der sog. Altgläubigen (Einwanderer aus Sibirien, Anfang des 20. Jahrhunderts) kurz anzusehen. Hier existiert noch ein Kloster, in dem sieben Nonnen leben. Eine Fotografie zeigt sie am Zaun, der Kloster, Friedhof und die hübsche Kirche umgibt. Betreten darf man das kleine Gelände nicht, die Nönnchen wollen in Ruhe leben. Einmal im Monat kommt ein Pfarrer, um sie mit einer Predigt zu erfreuen! Dann geht’s nachhause, und siehe da: jetzt kommt die Sonne ein wenig heraus, und so können wir unsere abendliche Besprechung für den nächsten Fahrtag wahrscheinlich draußen führen. Trotz des schlechten Wetters genossen wir einen interessanten Tag!
Eines der schönen Holzhäuser aus alter Zeit in der Siedlung!